Freitag
20. April 2007
Unschuldsvermutung
Unter tagesschau.de findet sich die Aussage von Herrn Schäuble gegenüber dem Stern (unter stern.de hab ich's leider nicht gefunden). Nennen wir diese Aussage mal eine blumige, überspitzte Formulierung, die sicher nicht zur Anregung einer sachlichen Diskussion gedacht war. Schließlich ist unser Innenminister auch Politiker und benötigt Stimmen, wofür er besser Stimmungen bedient als sachliche Diskussionen führt.

Nett sein Spiel mit dem Gegensatz lieber zehn Schuldige laufen zu lassen, als einen Unschuldigen zu bestrafen. Steht es wirklich so schlecht um unsere Polizei und Justiz? Da könnte man doch auf die Idee kommen, dass der eine Unschuldige sich ruhig für die Sicherheit des Rests opfern könnte. Was sind schon 10% Irrtum? Schließlich geht es um das Recht und die Freiheit aller. Da müssen einige wenige schon etwas Ungerechtigkeit hinnehmen. Blödsinn? Warum dann überhaupt diese Erklärung?

Nehmen wir nun zwei logische Aussagen:

1. Herr Schäuble weiß was er sagt.
2. Herr Schäuble meint seine Aussagen ernst.

Innenminister zu sein, legt den Verdacht nahe, dass die Person sich mit dem Thema "Innere Sicherheit" täglich beschäftigt und die Begriffe des Rechts und der rechtstaatlichen Ordnung verinnerlicht hat.

Na, dann schaun wir mal - auch etwas blumig:

Die Unschuldsvermutung gilt laut wikipedia im Strafverfahren und hat Auswirkungen auf Ermittlungsverfahren. Für Ermittlungsverfahren bedeutet es, dass die Polizei einen Anfangsverdacht auf eine Straftat (nicht auf einen Täter) haben muss, um ermitteln zu dürfen. Ohne Anfangsverdacht keine Ermittlungen! Durchaus sinnvoll ist, denn sonst wäre unsere Polizei nur noch mit überflüssigen Ermittlungen beschäftigt.

Wenn wir die Unschuldsvermutung aufgeben, gilt es sicher auch für Kanzler, Präsidenten, Politiker ...

Aber was bedeutet die Unschuldsvermutung wirklich? Das kann jeder - auch Her Schäuble - hier nachlesen.

Wenn wir nun die Unschuldsvermutung aufgeben / umkehren, was bekommen wir als Alternative? Die Schuldvermutung gegen jedermann? Hier ein Versuch.
Die UnsSchuldsvermutung erfordert, dass der Beschuldigte eines Strafverfahrens bis zum rechtskräftigen Beweis des Gegenteils als unschuldig gilt und so behandelt wird.
Vorschlag für das erste Verfahren: Herr Schäuble gegen Bundesrepublik Deutschland. Herr Schäuble hat zu beweisen, dass er noch nie an einem Terroranschlag beteiligt war, nicht zur RAF gehörte, keinen Terroranschlag plant, bzw. planen wird. Keinen Anschlag auf die Verfassung plant. ...

Dies wird Herr Schäuble sicher als infam und eine üble Verleumdung bezeichnen. Dies wird als Gegenbeweis jedoch nicht ausreichen. Bei der Gefahrenabwehr kann die Unschuldsvermutung natürlich nicht gelten. Und Irrtümer können viele Menschenleben kosten. Woher sollen wir wissen, dass Herr Schäuble der eine Unschuldige ist, für den wir bisher zehn Schuldige haben laufen lassen? Da muss er sich schon opfern und mit gutem Beispiel vorangehen. Gleiches Recht für alle.

Schwachsinn? Schwachsinn, aber ich wollte ja nicht die Unschuldsvermutung einschränken oder aufgeben.

Vielleicht meint Herr Schäuble auch nur die Kriterien für einen Anfangsverdacht. Darüber könnte man ja - vielleicht - reden. Hat er aber nicht.

Verdachtsunabhängige Ermittlungen? - Grundlose Ermittlungen? - Planlose Ermittlungen? Ziellose Ermittlungen?

Nur wann gibt es einen Anfangsverdacht? Beim Besuch eines islamischen Gotteshauses? Langer Bart? Geboren? ... Da war doch mal etwas in unserer Geschichte.

Wehret den Anfängen!

Ach ja, den Wahrheitswert der logischen Aussagen darf jeder selbst bestimmen.

... mehr   ... Auf dem Seitenstreifen parken
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