Freitag
4. September 2009
PR-Gau (Fortsetzung)

Nach einigen Mühen hab ich noch Reste des abgemahnten Textes gefunden. Es ist zwar nur der erste Absatz - oder ein Teil davon, aber: Der Trainer hatte einen verdammt schlechten Tag und anschließend viel Pech.

Was genau nun abgemahnt wurde weiß ich nicht, aber man kann auch feiner ausdrücken, dass nicht alle Vereine gut genug sind, um Werbegelder der milliardenschweren Branchenriesen an Land zu ziehen. Die Vereine müssen mit Sponsoren ihrer "Gewichtsklasse" zufrieden sein. Was natürlich auch umgekehrt gilt: Nur wenige Hersteller haben einen Werbeetat, der die Gehälter der Fußballmillioäre aushalten kann und für Spitzenvereine attraktiv ist.

Man kann diese Tatsache auch mit Quark illustrieren - muss man aber nicht. Aber ich weiß nicht, ob dieser Vergleich abgemahnt wurde. Die Aussage bleibt die gleiche, dürfte aber nicht angreifbar sein.

Den Begriff "Schlurchmarke" für Firmen der zweiten, dritte oder x-ten Reihe kannte ich nicht. Google verzeichnet etwa 450 Treffer, Tendenz steigend. Es wird wohl als Wortschöpfung in Zusammenhang mit JAKO in den Wortschatz eingehen. Man sollte ein Wiki-Eintrag generieren. (Wenns noch keiner getan hat, dann ich, nach diesem Eintrag.) Ob "Billigmarke" auch abmahnwürdig wäre? Zumindest mit Aldi oder Lidl eine gebräuchliche Bezeichnung und da alle nur noch billig und billiger liefern, nur nicht preiswert, sicher keine Beleidigung. Also wäre doch eine schöne Formulierung "JAKO bemüht sich Sportkleidung im Preissegment deutlich unterhalb der Großen unter den Mitbewerbern anzubieten". Oder Markendiscounter?

Das sich ein geändertes Logo nicht verbessert, sondern verschlechtert hat, dafür braucht man kein Wort, dass die ältere Generation nicht mal in die Hand, geschweige denn in den Mund nehmen würde. Aber: Meine Kinder, und teilweise auch ich, haben ein anderes Verhältnis zu diesem Wort als meine Eltern und Großeltern. Ich würde es nie in einem Kommentar schreiben, aber: Jedem seine Zielgruppe.

Nebenbei bemerkt: Da beginnt das Problem: Wie weit dürfen Blogger die Wörter ihrer Zielgruppe verwenden? Ohne die Sprache der Zielgruppe, dürfte diese kaum zu erreichen sein. Die gleiche Aussage von mir oder vom Trainer Baade geschrieben, wird von unterschiedliche Menschen ansprechen. Ohne diesen Begriff erreicht er seine Zielgruppe nicht und ich mit meine nicht mehr.

Aber ist JAKO wirklich der Aldi oder Lidl der Sportartikelhersteller? Wenn ich mir Testergebnisse einiger Aldi oder Lidl-Produkte ansehe, wäre dies ein großes Kompliment! Auch hier haben sich die Begriffe geändert. Heute kauft dort jeder, sogar ein (Ex-)Multimillionärin, während man früher doch nicht zu Aldi ging. (Da gab es in meiner Heimatstadt mit ca 100.000 Einwohnern auch nur einen Laden.)

Die Äußerung über das Logo dürfte kaum zu beanstanden sein. Ich wüsste nicht, wieso das Wort "abturnen" beleidigend sein sollte. Es ist doch wohl eher eine subjektive Meinungsäußerung, die den Designer zur selbstkritischen Betrachtung seiner Arbeit anstoßen sollte. Und die Prognose, dass das Marketing mit diesem Logo nicht besser wird, ist wohl auch durch die freie Meinungsäußerung gedeckt. Wäre interessant die komplette Abmahnung zu sehen. Tipp an die Kanzlei: Abmahnung selbst veröffentlichen und selbstkritisch erläutern, würde von Lernfähigkeit in Sachen Informationspolitik zeugen. Was würden sie als Anwalt des Trainers darauf antworten?

Die restlichen Absätze hab ich - leider - noch nicht gefunden. Aber ohne die JAKO-Abmahnung wäre der Beitrag mit der Zeit in der Bedeutungslosiglkeit versunken. Streisand-Effekt

Hier nun der Link auf die JAKO-Presseerklärung:

http://www.jako.de/jako_site_germany/advantage_jako/presse

Und daraus ein paar Zitate:

Zitat: "... Als nach einigen Wochen Baades überzogene Kritik noch
immer im Internet abrufbar war, erhielt Baade erneut Post von den
JAKO-Anwälten. Sie waren davon ausgegangen, dass sich der
Hobby-Fußballtrainer nicht an die Absprache halten wollte und teilten
ihm daher mit, dass bei einer schuldhaften Wiederholung der
beanstandeten Aussagen eine erhöhte Vertragsstrafe anfalle."


1. Dies ist der Versuch, davon abzulenken, dass es sich nicht um eine
Mitteilung, sondern eine Abmahnung mit der Forderung über 5.100 € +
Anwaltskosten handelte und darüber hinaus die nächste Strafe 10.000 Euro betrage. Wenn dem anders wäre, hätte man es klar ausdrücken und die zweite Abmahnung dementieren können.

War es nun überzogene oder Schmäh-Kritik? Ist überzogene Kritik abmahnbar?

Da halte ich es persönlich gerne mit dem Sprichwort: Was kümmerst die deutsche Eiche, wenn ein Schwein sich daran wetzt?

Zitat: " ... Erst hinterher stellte sich heraus, dass der
tschechische Nachrichtenaggregator „Newstin“ den inzwischen von Baade
gelöschten Text kopiert hatte und weiterhin verbreitete. ..."

2. Kleiner Tipp: Man sollte beim Surfen im Internet darauf achten,
welche Seiten man aufruft. Die meisten Browser haben eine Adress- und
Statusleiste. Da steht wo man ist, und beim Link auch wo es hingeht.
Schützt vor bösen Buben! Und mit Whois bekommt man auch heraus, wer
die Seite betreibt.

3. Es geht aber auch einfacher. http://www.newstin.de hat eine Kontaktseite und eine "über uns". Ganz unbekann kann dies bei JAKO und der Kanzlei nicht sein: Ihre Webmaster haben solche Seiten auch eingerichtet.

4. Erst abmahnen, dann recherchieren? Wie war da noch der Spruch mit
dem erst Gehirn einschalten?

5. Wieso werfen sie ihm in der Abmahnung vor, dass Internet nicht
genau genug geprüft zu haben, wenn sie erst später feststellten, wer
oder was newsbin.de und er nicht der Betreiber der Seite ist?

Zitat:„Wir haben uns rein rechtlich überhaupt nichts vorzuwerfen“,
betont Rudi Sprügel, ...

6. Das mag sein. Rechtlich nicht ist es wahrscheinlich nicht zu
beanstanden, wenn man den Falschen abmahnt. Oder soll es heißen, dass
sie immer noch der Meinung sind, dass alle Kopien seiner Aussage auf
allen Rechnern der Welt hätte entfernen müssen?

7. Ich frage mich, wie sorgfältig / sorglos müssen / dürfen Rechtsanwälte
Abmahnungen verfassen?

8. In meinem Hinterkopf taucht immer wieder der Gedanke auf, dass jemand eine Kuh, die sich beim ersten Mal nicht gewehrt hat, ein zweites Mal melken wollte. Wären leicht verdiente Euros gewesen.

Kann es sein, dass es hier nicht meh um die Abmahnwürdigkeit geht, sondern nur um die Tatsache, dass er sich nicht an die Unterlassungerklärung gehalten hat?

Zitat: "... Ohne die endgültige Klärung des Sachverhalts unter den
Rechtsanwälten abzuwarten, alarmierte Baade daraufhin die
Bloggerszene. ..."


9. Und jetzt ist auch noch der Trainer Baade schuld an dem PR-Gau.
Bei dem Streitwert hätte allein die Klärung unter den Rechtsanwälten einiges
gekostet. Ob JAKO die Kosten für die Mühen des Anwalt des Trainers übernommen
hätte, nachdem sie feststellten, was newsbin.de ist?

10. Oder wäre es zum Prozess gekommen? Die Kanzlei hätte den immer
gewonnen. Entweder hätte JAKO im Falle einer verlorenen Klage die
Honorare gezahlt oder der Trainer Baade.

Es wird Zeit, dass diesen Abmahnungen und aberwitzigen Streitwerten ein Ende bereitet wird.

Außerdem sollten sich die Untrnehemen kompetette PR Berater in Sachen Internet zulegen. Erster Testfrage beid er Einstellung: Was ist der Streisand-Effekt?

Hier noch ein Tipp:
http://www.horizont.net/aktuell/marketing/pages/protected/show.php?id=86844&page=1&params=

Zitat: "Man muss sich das Web nicht zum Feind machen. Es kann eben
auch ein Freund sein."

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